Autor Thema: Hypnose in der Frankfurter Schirn  (Gelesen 11923 mal)

Offline Lutz

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Hypnose in der Frankfurter Schirn
« am: 23. Mai 2014, 19:49 »
Noch bis zum 31.08.2014 ist in der Frankfurter Kunsthalle die Installation "It's all in the mind" (frei übersetzt: "Alles nur in deinem Kopf") des Schweizer Künstlers Daniele Buetti präsent. In der "Rotunde", dem öffenlich zugänglichen runden Eingangsbereich, können sich Interessierte auf Kissen niederlegen und einem Text aus Lautsprechern zuhören. Gesprochen und verantwortet wird dieser von Arno Müller, Psychologieprofessor a.D. der Fachhochschule Frankfurt. Inhaltlich geht es um die Visualisierung von Farben zum Zwecke einer reinigenden Wirkung.

So weit, so gut. Als Interessierter fragt man sich nun aber: Wo ist da die Kunst? Doch wenn man den offiziellen Pressetext studiert, stößt man zunächst auf eine grundlegendere Frage: Wo ist da die Hypnose?

Denn im > Pressetext < heißt es einleitend:

"Hypnose als künstlerische Aktion: Daniele Buetti (*1955) lädt die Besucher der Schirn Kunsthalle Frankfurt zur gemeinschaftlichen Meditationshypnose. Eigens für die öffentlich zugängliche Rotunde der Schirn hat der renommierte Schweizer Gegenwartskünstler erstmals eine Soundinstallation entwickelt: „It’s all in the mind“. Sie basiert auf einer Audioerfahrung (28 Minuten, Loop), in die das Publikum mittels Hypnose unmittelbar eingebunden wird. Im Zentrum der Installation steht eine sogenannte „Farbreinigung“, eine geführte Meditation, die auf Dr. Arno Müller, Professor a.D. für Psychologie an der Fachhochschule Frankfurt, zurückgeht..."

Ja um was handelt es sich denn nun, um "Hypnose", "Meditationshypnose" (was soll das denn sein?) oder um eine "geführte Meditation"? So genau scheinen es die Verantwortlichen selbst nicht zu wissen, wenn sie bereits innerhalb nur eines Absatzes gleich drei verschiedene Begriffe bemühen.
Und der medialen Berichterstattung darf man entnehmen, dass an der Wand "Wellness Hypnosis" geschrieben stehen soll, was dann auf eine weitere, vierte Bezeichnung deuten würde.

Halten wir fest: Es geht also um Hypnose. Oder sowas Ähnliches. Irgendwas in der Richtung. Vielleicht.

Und wo ist nun die Kunst? Dazu weiter im Pressetext:
"Indem Daniele Buetti die Hypnose in den öffentlichen Raum und in den Kontext eines Kunstwerks überführt, bricht er mit der Intimität, einer Grundvoraussetzung von Hypnosesitzungen."

Wow, mit etwas zu brechen, ist schon mal eine gute Voraussetzung für Kunst, erst recht dann, wenn gar mit einer "Grundvoraussetzung" eines Phänomens gebrochen wird. Doch - ähm - stimmt das denn überhaupt, dass Intimität eine Grundvoraussetzung von Hypnosesitzungen sei?

Innerhalb der Hypnose sind Gruppenhypnosen eine ganz alltägliche Angelegenheit. Ob im universitären Umfeld, auf Seminaren, in klinischen Gruppensitzungen, bei der Showhypnose oder gar Massenveranstaltungen z.B. in der Oberhausen Arena, bei denen gleich Tausende zum Zwecke von Raucherentwöhnung oder Gewichtsabnahme hypnotisiert werden - all diese und weitere Ercheinungsformen sind Beleg dafür, dass Intimität ganz gewisse keine Voraussetzung für Hypnose ist und eine Grundvoraussetzung schon gar nicht.

Die Installation bricht also mit etwas, das es nicht gibt - das ist mal wirklich Kunst!  :)

Von daher kann ich mich nur einer weiteren Feststellung des Pressetextes anschließen:
"Die Grenzen zwischen Happening und ernsthafter Wissenschaft verschwimmen."

Sie verschwimmen insofern, als dass ein ernsthaftes Wissen um das Phänomen Hypnose bei den Akteuren offenbar nicht durchgedrungen und daher eine Wissenschaftlichkeit überhaupt nicht berührt ist. Da kann auch ein kompetenzheischendes Attribut wie "Psychologieprofessor" nichts rausreißen.

Im Gegenteil lassen dessen gesprochene Worte, wie sie z.B. > hier < in Ausschnitten zu hören sind, keine Wünsche in Richtung eines klischeebehafteten hypnotischen Märchen-Onkels und Seelenbeschwörers offen. Sowas muss man mögen...

Was bleibt?
Jemand bietet an, sich in aller Öffentlichkeit einen klischeedurchtränkten Hypnosetext auf einem Kissen liegend anzuhören. Wer sich darauf einlässt, wird die Gelegenheit haben, eine schöne hypnotische Erfahrung zu machen. Das ist auch kein Wunder, Hypnose ist schön. Doch wo ist die Kunst? Vielleicht besteht diese darin, so eine Trivialität zur angeblichen Kunst hochzustilisieren. Mir fehlt diese Fähigkeit jedenfalls.
Da konnten mich auch die Aussagen des Künstlers (siehe voriger Link unten auf der Seite) nicht erhellen oder gar überzeugen.

Ungeachtet dessen: wer sich, von Neugierde beseelt, diesem Happening hingeben möchte, dem wünsche ich viel Spaß dabei!  :)

Einen weiteren kritischen Kommentar kann man auch > hier < lesen.

Lieben Gruß
Lutz

 

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